Was ist Haute Horlogerie? – die Elitäre, hohe Uhrmacherkunst
Jedem, der sich mit mechanischen Uhren etwas beschäftigt, dürfte schnell klar werden, dass die besten Uhren aus der Schweiz kommen. Dabei sind Schweizer Armbanduhren nicht gleich Schweizer Armbanduhren. Denn auch innerhalb dieses kleinen Kosmos wird in eine Art Güteklassen unterteilt. So gibt es beispielsweise Swiss Made oder auch die berühmte Haute Horlogerie.
Der Name verrät schon, dass die Haute Horlogerie die elitärste und anspruchsvollste Klasse ist. Ihr unterliegen nicht nur die allerhöchsten Standards, sie beinhaltet auch außerordentliche künstlerische Aspekte.
Die Haute Horlogerie ist die absolute Königsklasse der Uhrmacherkunst. Sie stellt besondere Anforderungen wie anspruchsvolle Komplikationen und auserlesene Handarbeit nämlich die Finissage als Voraussetzung. Zudem müssen die Mitglieder eine lange Tradition nachweisen können. Zu den wichtigsten Vertretern zählen Patek Phillipe, Audemars Piguet, Vacheron Constantin und Jaeger-LeCoultre.
Was ist die Haute Horlogerie?
Der Begriff Haute Horlogerie stammt aus dem französischen und bedeutet so viel wie „die hohe Kunst der Uhrmacherei“. Das ist schonmal ein klarer Hinweis, in welche Richtung die Haute Horlogerie geht. Dennoch ist die Definition sehr vage.
Tatsächlich sind die Grenzen der Haute Horlogerie gar nicht so eng gesetzt.
Doch fangen wir ganz von vorne an…
Die Haute Horlogerie wurde erst in den 70er Jahren während der Quarzkrise geboren. Damals versuchte sich die Uhrenindustrie nämlich händeringend gegen die dominierenden, neuartigen Quarzuhren durchzusetzen. Die Haute Horlogerie wurde damals als Alleinstellungsmerkmal eingeführt.
Dabei lag das Hauptaugenmerk auf der Qualität und dem Schwierigkeitsgrad der Komposition der mechanischen Uhrwerken.
Wir haben der Quarzkrise bereits einen ausführlichen Artikel gewidmet, in dem du genau nachlesen kannst, wie es dazu gekommen ist.
Und hier findest du die Erklärung „Wie ein Quarzuhrwerk funktioniert„.
Kurz gesagt ist die Haute Horlogerie eine Art Sonderklasse, zu welcher sich nur wenige Armbanduhren zählen dürfen, die von besonderer Exklusivität, Qualität und Raffinesse sind.
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Die bekanntesten Vertreter der Haute Horlogerie
Welche Hersteller dürfen sich denn nun eigentlich zu dieser auserlesenen Königsklasse der Uhrmacherei zählen?
Die Fondation de la Haute Horlogerie
Tatsächlich gibt es sogar eine offizielle Vereinigung, die die Qualität und Tradition der Uhrmacherkunst im Zuge der Haute Horlogerie fördern und erhalten will. Die Fondation de la Haute Horlogerie besteht seit dem Jahr 2005 und wurde zunächst von den drei Gründungsmitgliedern Audemars Piguet, Girard-Perregaux und der Richemont-Gruppe ins Leben gerufen.
Mittlerweile zählt diese Vereinigung 28 Mitglieder.
Werfen wir einen genauen Blick auf die bedeutendsten Mitglieder.
Vacheron Constantin
Vacheron Constantin ist ein Paradebeispiel eines Anhängers der Haute Horlogerie. Die Marke erfüllt alle zuvor genannten Kriterien. Dabei bietet sie auch einige Modelle mit Grande Complication zum Beispiel die Les Cabinotiers. Gleichzeitig hat die Marke eine lange Geschichte, aus welcher viele Innovationen hervorgegangen sind, vorzuweisen.
Über Vacheron Constantin, bzw. die Fiftysix von Vacheron Constantin, haben wir schon einen detaillierteren Artikel veröffentlicht.
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A. Lange & Söhne
Ein weiterer Mitstreiter, der zwar nicht aus der Schweiz stammt, dennoch ganz oben in der Haute Horlogerie mitspielen kann, ist A. Lange & Söhne. Die Marke hat ebenfalls eine bewegte Historie aufzuweisen, aber zeichnet sich zuletzt insbesondere durch ihre herausragenden uhrmacherischen Fertigkeiten aus. Ihr Flaggschiff ist die Lange 1, welche 1994 lanciert wurde und ein perfektes Beispiel als Vertreter der Haute Horlogerie abgibt. Sie verfügt über eine Grand Complication, wird äußerst aufwendig in Handarbeit gefertigt und hat ebenfalls die bereits erwähnte Finissage. So kann man durch den Sichtboden auf der Rückseite die Dreiviertelplatine mit den Glashütter Streifen bestaunen. Eine Weitere Uhr von A.Lange und Söhne die Nennenswert ist, wäre die Zeitwerk, eine Mechanische Uhr mit einer Nummerischen Zeitanzeige.
Jaeger-LeCoultre
Darüber ist die Marke Jaeger-LeCoultre ebenfalls ein bedeutendes Mitglied. Dieser Hersteller zeichnet sich durch seine lange Geschichte und avantgardistischen Ansätze aus. So erfand JLC beispielsweise die Reverso mit Wendegehäuse, oder die Atmos, welche mit Raumtemperatur läuft. Doch auch handwerklich hat Jaeger-LeCoultre einiges zu bieten. Denn die Uhrenmanufaktur ist bekannt dafür, exzellente Werke herzustellen, welche ausgesprochen dünn sind, dennoch aber über raffinierte Komplikationen verfügen.
Ein bekannter Erbe der Haute Horlogerie dürfte die Master Control Serie von JLC sein.
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Audemars Piguet
Doch auch Audemars Piguet ist ein wichtiger Bestandteil der Haute Horlogerie. Die Marke findet ihre Anfänge bereits im 19. Jahrhundert und hat seitdem eine lange Tradition der Uhrmacherkunst zu verzeichnen. Heute ist Audemars Piguet immer noch darauf bedacht, die anspruchsvollsten Kaliber in allergrößter Sorgfalt herzustellen. Neben der viel bekannteren Audemars Piguet Royal Oak, wird die „Code 11.59“ von AP selbst als Ultra-Komplikation bezeichnet, da sie 40 verschieden Funktionen, darunter 23 Komplikationen in einer Uhr vereint.
Patek Philippe
Doch wie könnten wir Patek Phillipe, die Luxusuhrenmanufaktur aus Genf, als stolzes Mitglied der Haute Horlogerie vergessen? Keine zweite Manufaktur vereint wohl Luxus, Tradition und Handwerkskunst so gut wie die Marke mit dem Kleeblatt.
Dabei kann Patek vor allem durch seine einzigartigen Kreationen überzeugen. Viele kennen die Marke nämlich nur für die berühmte Nautilus. Die waren Uhrenenthusiasten schätzen den Luxusuhrenhersteller aus Genf aber für seine exzellenten Komplikationen und extravagante Konzeptionen, welche Teil der Haute Horlogerie sind.
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Welche Vorteile bringt die Haute Horlogerie mit sich?
Wir haben bereits angeschnitten, dass die Haute Horlogerie aus einer Notsituation entstanden ist. Denn in der Quarzkrise schienen die billigen Quarzwerke, die Überhand auf dem Markt zu übernehmen, sodass die mechanische Uhrmacherkunst Gefahr lief, auszusterben.
Der größte Vorteil ergibt sich also aus der Einheit mehrerer großer Uhrenhäuser, die zwar offiziell Rivalen sind, dennoch aber im Punkt der Tradition der Handwerkskunst zusammenhalten. Das verleiht der Haute Horlogerie eine gewisse Macht.
Zudem stellt sie ganz bestimmte Standards, an die sich alle zu halten haben. Als Resultat erhält man garantierte Qualität und eine gesunde Rivalität unter den Uhrenhäusern.
Gleichzeitig konserviert die Haute Horlogerie die Geschichte der Uhrmacherkunst.
So setzt sie einen Ramen für die höchste Qualität, an welchem man sich orientiert.
Was qualifiziert eine Uhr für die Haute Horlogerie?
Nun, was genau eine Uhr für die Haute Horlogerie qualifiziert, ist wie schon wie bereits erwähnt, gar nicht so klar definiert. Was aber feststeht, ist das der wichtigste Faktor, die Komplexität des Kalibers ist.
Ein Stichwort sind hier die sogenannten Komplikationen, über die die Uhr auf jeden Fall verfügen muss. Komplikationen sind, wie du sicher weißt, Zusatzfunktionen, die entweder auf akustische, astronomische oder im Sinne der Uhrzeitanzeige noch einen weiteren Nutzen erfüllen. So gibt es beispielsweise ewige Kalender, Tourbillons oder Mondphasen sowie Chronographen, um nur ein paar der wichtigsten zu nennen.
Besonders bekannt für die Haute Horlogerie sind Tourbillons. Dabei handelt es sich um eine extra ausgelagerte Unruh, welche dann auf dem Zifferblatt sichtbar ist. Dieses Phänomen hat seinen Ursprung in den Taschenuhren. Denn früher erfüllte das Tourbillon den Zweck, die Unruh vor dem Einwirken der Schwerkraft zu schützen. Doch das ist bei einer Armbanduhr, die ohnehin ständig in Bewegung ist, eigentlich obsolet, sodass der Effekt, den ein Tourbillon auf das Kaliber einer Armbanduhr hat, marginal ist. Dennoch ist es eine beliebte Komplikation der Haute Horlogerie und sehr schön anzusehen.
Doch das allein reicht nicht aus. Denn es ist in der Haute Horlogerie meistens üblich, dass mehrere Komplikationen kombiniert werden. Die Grande Complication, die drei der wichtigsten Komplikationen kombiniert, ist dann hierbei der wichtigste Vertreter. Traditionell verfügt diese über Zeitnahme, Kalender und Läutwerk. Diese Kombination erfordert außerordentliches uhrmacherisches Knowhow und ist äußerst anspruchsvoll. Wenn es gelingt, eine solche komplexe Konzeption zusammenzustellen, ist man der Haute Horlogerie schon mal ein gutes Stück näher.
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Finissage
Doch die Haute Horlogerie verlangt noch mehr. Ein ebenfalls wichtiger Faktor ist die Finissage. Dieser Begriff beschreibt die künstlerischen Fähigkeiten der Handarbeit wie z.B. die Verzierung des Uhrwerkes.
Dazu zählen Techniken wie Manuelles Anglieren, Côtes de Genève, Schwarzpolitur oder Perlage.
Bei ersterem handelt es sich um eine besonders dekorative Art der Kantenbehandlung der Bestandteile des Kalibers in einem 45 Grad Winkel. Doch es hat nicht nur optische Zwecke, denn es verbessert auch seine Funktion.
Die Côtes de Genève sind auch bekannt als Genfer Streifen. Dies sind breite, gerade, parallel zueinander verlaufende Streifen auf der Platine des Uhrwerkes. Bei deutschen Manufakturen wie z.B. A. Lange & Söhne sind diese als Glashütter Streifen bekannt.
Die Schwarzpolitur ist die herausforderndste Art der Finissierung überhaupt. Bei dieser speziellen Politur sieht die behandelte Fläche in einem bestimmten Lichtwinkel schwarz aus. Doch das Prozedere ist sehr aufwendig, sodass es meistens nur auf der Tourbillonbrücke verwendet wird.
Bei der Perlage handelt es sich ebenfalls um einen besonderen Schliff. Denn diese erscheint als überlappender Kreisschliff, welcher meistens auf den Platinen oder Brücken zu finden ist. Aufgrund seiner Optik wird die Perlage auch als Wölkchenschliff bezeichnet.
Diese Verzierungen werden meistens durch einen Glasboden oder ein Skelettzifferblatt zu Schau gestellt. Dabei gibt es sogar Verzierungen, die gelichzeitig als Qualitätssiegel fungieren wie das Poinçon de Genève zum Beispiel. Dies ist auch bekannt als Genfer Punze und garantiert die Exzellenz der Uhrwerke. Nicht selten verfügen Anhänger der Haute Horlogerie dieses Siegel.
All diese Fertigkeiten sind äußerst anspruchsvoll. Die Handarbeit erfordert ein hohes Maß an Können und Feinfühligkeit, weshalb viele Uhrenhäuser die Uhrmacher extra für die Finissage ausbilden, um sicher zu gehen, dass die hohen Standards der Haute Horlogerie eingehalten werden.
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Tradition
Im Weiteren geht es nicht nur ausschließlich um das technische Können einer Marke. Dieser Faktor ist zwar der wichtigste, tatsächlich aber ist die Tradition und Authentizität einer Marke ebenfalls sehr auschlaggebend.
Hierbei wird zwischen den Traditionshäusern, den sogenannten Maisons wie Audemars Piguet, Jaeger-LeCoultre oder Patek Philippe und anderen großen Marken wie Bulgari und Cartier unterschieden.
Die Traditionshäuser zeichnen sich durch ihre kontinuierliche Geschichte aus und wie sie die Philosophie des Gründers über die Zeit aufrechterhalten haben.
Bei den anderen ist es wichtig, dass deren Historie gut dokumentiert ist und dass die Marke nachweisen kann, dass die fortwährend an der Innovation der Uhrmacherkunst beteiligt war.
Q&A
Was ist die Haute Horlogerie?
Die Haute Horlogerie ist eine eigene Klasse, zu welcher Uhren zählen, die besonders aufwendig und exklusiv sind. Die Uhren müssen bestimmte, besonders hohe Standards erfüllen.
Welche Anforderungen hat die Haute Horlogerie?
Uhren der Haute Horlogerie müssen meistens eine Grande Complication haben sowie mit besonderer Handwerkskunst der sogannagten Finissage hergestellt werden. Zudem muss die jeweilige Marke eine gewisse Tradition aufweisen können.
Welche Mitglieder gehören zur Haute Horlogerie?
Zu den wichtigsten Mitgliedern zählen Vacheron Constantin, Jaeger-LeCoultre sowie Audemars Piguet, Patek Philippe und A. Lange & Söhne.
Quelle Titelbild: A. Lange & Söhne
Über den Autor
Alexander Weinberger
Für mich ist das Faszinierendste an Uhren das Zusammenspiel aus präzisem Handwerk und künstlerischer Entfaltung. Hunderte kleine Teile müssen bei einem Uhrwerk exakt so zusammengesetzt werden, dass sie ein großes Ganzes ergeben.