Die Quarzkrise – zusammengefasst
Stell dir vor, alle begehrten Luxusuhren fallen von heute auf morgen im Preis. APs, Rolex Uhren und Pateks werden zum Ladenhüter.
Niemand will sie mehr haben, weil sie durch eine neuartige Technologie in den Schatten gestellt werden.
Wenn du jetzt denkst, das ist unmöglich, muss ich dich enttäuschen.
Denn dies war die bittere Realität in den 1970er Jahren zu Zeiten der damals gefürchteten Quarzkrise.
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Die Quarzkrise ist auf die neuartigen Quarzuhrwerke in den 70ern zurückzuführen. Die Schweizer Uhrenindustrie unterschätzte damals das Potential der Quarzwerke maßlos. Das führte dazu, dass Konkurrenten aus den USA und Japan große Anteile des Uhrenmarktes mit ihren günstigen Quarzwerken für sich beanspruchen konnten, während die Schweizer Uhrenindustrie mit ihren mechanischen Uhren massiv schrumpfte.
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Der Ursprung der Quarzkrise
Die Quarzkrise war ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte der Uhrmacherei.
Währenddessen sie im Gange war, waren mechanische Uhren bereits für tot erklärt.
Doch es stellt sich zunächst einmal die Frage, wie dieser Alptraum denn überhaupt begann.
Eigentlich schien bis in die frühen 70er alles gut zu sein. Denn damals genossen mechanische Uhren die Vorherrschaft. Niemand hatte geahnt, dass eine neuartige Technologie die über Jahrhunderte bestehende Handwerkskunst der mechanischen Uhrmacherei vom Thron stoßen könnte.
Dabei profitierte insbesondere die Schweiz nach dem zweiten Weltkrieg ihrer politischen Neutralität. So hatte sie gegenüber dem Nachbarn Deutschland einen massiven Vorsprung.
Die deutsche Marke A. Lange & Söhne wurde beispielsweise nach dem zweiten Weltkrieg enteignet, während alle Schweizer Marken fort bestehen konnten. Insbesondere Namen wie Breitling, Rolex oder Omega wurden immer populärer. So gelang es diesen sogar, den amerikanischen Markt zu erschließen.
Gleichzeitig hatte Japans Uhrenindustrie damals ebenfalls sehr zu kämpfen. Denn nach dem Krieg implementierte der Dodge-Plan eine gestaffelte Warensteuer auf japanische Uhren, welche der Industrie stark zu schaffen machte.
Erst in den 1950er Jahren, als der Koreakrieg in vollem Gange war, gab es ein kleines Licht am Ende des Tunnels. Zu dieser Zeit importierten japanische Uhrenmarken moderne Maschinen aus der Schweiz, mit welchen es ihnen gelang, ihre eigene Uhrenindustrie auf Vordermann zu bringen. Mit der Zeit kamen Uhren von Orient sowie Seiko qualitativ auf dasselbe Niveau wie Schweizer Armbanduhren. Sie genossen aber nicht im Ansatz denselben Status.
Doch schließlich tauchte eine neuartige Technologie auf dem Uhrenhorizont. Das Rennen um die Quarzwerke begann. Denn verschiedene Uhrenmarken forschten an einer Technologie, mit welcher man eine Armbanduhr mit Batterie betreiben kann. Sowohl die Schweizer als auch die Japaner arbeiteten mit größtem Eifer an den sogenannten Quarzwerken.
1964 war es dann schließlich so weit, als Seiko seine Crystal Chronometer QC-951 vorstellte. Dabei handelte es sich zwar nur um eine Taschenuhr doch 5 Jahre später kam das Quarzwerk auch in einer Armbanduhr mit der Seiko Astron.
Anfang der 70er Jahre kamen dann auch die ersten Schweizer Quarzwerke, deren Popularität zunächst einmal ausbleiben sollte.
Exkurs – Wie funktioniert eine Quarzuhr
Doch was ist nun eigentlich so besonders an der Quarzuhr? Die Antwort ist, dass sie wesentlich unkomplizierter ist und durch eine Batterie betrieben wird. Gleichzeitig ist sie viel genauer als eine mechanische Uhr, vor allem über einen längeren Zeitraum betrachtet.
Das liegt daran, dass ist ein Quarzwerk durch eine Batterie angetrieben wird. Diese bringt ein Schaltwerk mit Quarzkristallen zum Vibrieren, welche dann die Schwingfrequenz der Uhr angeben. So gesehen ersetzen Quarzkristalle die Unruh der mechanischen Uhr. Und diese Schwingungen sind nicht nur sehr gleichmäßig, sondern in der Regel auch viel höher als bei einer mechanischen Uhr, was Quarzwerken eine unverwechselbare Präzision verleiht.
Falls du nun ganz genau im Detail wissen willst, wie ein Quarzwerk aufgebaut ist ,findest du hier einen Ausführlichen Artikel.
Die Schweizer taten den geringen Erfolg der Quarzwerke als brotlos Geschäft ab und widmeten sich weiterhin ihrer Königsdisziplin, den mechanischen Werken.
Dabei waren sie besonders selbstbewusst. Denn sie genossen einen hervorragenden Ruf und die größten Marktanteile.
Doch diese Fehleinschätzung sollte den Schweizern schon bald zum Verhängnis werden. Letztlich war es genau diese Fehleinschätzung der Quarzwerke durch die Schweizer Uhrenindustrie, die die Krise auslöste.
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Was geschah in der Quarzkrise?
Wie es das Schicksal so wollte, hatten die Schweizer auf das falsche Pferd gesetzt, getrieben von ihrem Hochmut.
Nach einer gewissen Zeit schlugen die Quarzwerke wie eine Bombe ein. Ein riesiger Hype entstand, da es sich um eine neuartige Technologie mit noch nie zuvor dagewesener Präzision handelte.
Allein zwischen 1970 und 1983 schrumpfte die Anzahl von Schweizer Uhrenbetrieben auf fast ein Drittel, so tat es auch die Beschäftigung.
Eine waschechte Krise war im Gange.
Niemand wollte mehr mechanische Uhren haben.
Hinzu kam, dass die Quarzuhren im Nahen Osten sehr billig produziert werden konnten, wodurch die Umsätze der Schweizer Hersteller stark litten.
Gleichzeitig retteten sich amerikanische und japanische Uhrenhersteller auf die Gewinnerseite. Denn diese entschieden beträchtliche Marktanteile für sich, indem sie schon früher auf Quarzuhren setzten. Ihnen gelang es nämlich, Quarzwerke in Massen zu produzieren. 1974 begann beispielsweise auch der Computerhersteller Casio Quarzuhren zu produzieren, was sich später als extrem erfolgreich herausstellte.
Man war damals tatsächlich der festen Überzeugung, dass die letzten Stunden der mechanischen Uhrwerke geschlagen hätten und war drauf und dran, die Restbestände mechanischer Werke und Produktionsanlagen zu liquidieren.
Ja, das waren schwarze Jahre für die traditionelle Uhrenindustrie. Man könnte sogar sagen ein schwerer Schicksalsschlag für die gesamte Schweiz und ihr Kulturgefühl in Bezug auf die Uhrmacherkunst.
Gewinner und Verlierer
Auf den ersten Blick sieht es ganz eindeutig aus. Die Schweizer Uhrenindustrie erscheint als klarer Verlierer in der Quarzkrise, während der amerikanische und japanische Uhrenmarkt massiv von den neuartigen Quarzwerken profitieren konnte.
Und tatsächlich war dem auch so.
Doch in einem anderen Kontext spricht man auch gerne von einer Quarzrevolution.
Die Krise hat nicht nur Schlechtes an sich für die Schweizer Uhrenindustrie.
Denn die mechanische Uhrmacherkunst war bereits abgeschrieben. Dabei erlebte sie, genau weil sie schon für tot erklärt war, eine wahrhaftige Renaissance, durch die sie mehr Anerkennung denn je erlangte.
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Wie konnten sich die Uhrenmarken aus der Krise retten? – die Mechanik Renaissance
Doch tatsächlich konnte sich die Schweizer Uhrenindustrie aus der tödlichen Falle retten.
Zunächst einmal rüstete die Schweiz massiv um. Dabei spielten insbesondere zwei Namen eine wichtige Rolle, nämlich Ernst Thomke und Nicolas G. Hayek. Die beiden strukturierten nämlich die Uhrenindustrie der Schweiz rapide um.
Thomke agierte für die allgemeine Schweizer Uhrenindustrie AG ASUAG. Dieser fusionierte alle Lieferanten zu einer einzigen Firma der ETA SA, die bis heute Rohwerke herstellt. Dies sollte die Produktion massiv beschleunigen und einen schnelleren Zugang zum Quarzuhrenmarkt ermöglichen.
Doch das allein reichte nicht aus. Die Industrie war nämlich nach wie vor auf die Hilfe der Schweizer Banken angewiesen. Diese heuerten dann Nicolas G. Hayek an, um die verschiedenen Uhrenmarken zu retten. Jener kümmerte sich dann um den Zusammenschluss der größten Uhrengruppen der Schweiz, nämlich der SSIH (Société Suisse pour l’Industrie Horlogère) und der ASUAG.
Schließlich wurde daraus die Swatch Group SA, welche mittlerweile die weltweit größte Uhrengruppe ist.
Und so wurde auch die Swatch geboren, der absolute Kassenschlager der Swatch Group. Dabei handelt es sich um eine billige, schnell produzierte Uhr, die eine hohe Gewinnspanne abwerfen sollte. Sie wurde 1983 lanciert oder erfreute sich aufgrund ihres poppigen Designs und ihres niedrigen Preises rasch großer Beliebtheit.
So sicherte die Swatch der Schweizer Uhrenindustrie wieder große Marktanteile, sodass sie zurück im Rennen war.
Doch die Schweizer fuhren zweigleisig. Denn verschiedene Marken veröffentlichen trotz des Quarzhypes wieder altbekannte mechanische Uhren, womit kaum einer gerechnet hätte.
Dies lag unter anderem an John Claude Biver, welche nach wie vor fest an die mechanischen Uhrwerke glaubte, während Thomke und Hayek mit ihrer Quarzuhren Politik fortfahren wollten.
Biver kaufte kurzerhand die Namensrechte für Blancpain von Omega und belebte die Marke wieder.
Der Uhrenmarkt wurde zwar von Quarzwerken dominiert, doch Biver war dennoch der festen Überzeugung, dass mechanische Uhren ihren Platz finden würden.
Zunächst waren es also Blancpain und Chronoswiss, welche neue mechanische Modelle lancierten, und auch Rolex blieb der Mechanikuhr treu. Schließlich schlossen sich dieser Bewegung immer mehr Hersteller an.
Und mit der Zeit nahmen die Verkaufszahlen von mechanischen Uhren wieder zu. Denn durch ausgeklügeltes Marketing gelang es unter anderem, die breite Masse langsam, aber sicher wieder davon zu überzeugen, wie exzellent und raffiniert mechanische Uhren doch sind und was für einen Charme diese mitbringen.
Ein Funken war gelegt und die Faszination für solche Uhren kam langsam wieder zurück.
Hinzu kam noch, dass in den Neunzigern einige Modelle nun mit Glasböden ausgestattet wurden, welche ermöglichten, die Schönheit eines mechanischen Uhrwerks mit eigenen Augen zu bestaunen.
Doch auch die gesamte Auffassung in der Uhrenwelt veränderte sich. Man kam nämlich zu der Erkenntnis, dass die Quarzwerke präzise, aber dennoch billig und einfach in der Herstellung waren, während die wahre Kunst in der Mechanik lag. Letztlich gelang es, mechanischen Uhren an ihre alte Beliebtheit anzuknüpfen.
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Was sind die langfristigen Folgen?
Doch die Quarzkrise hinterließ ihre Spuren.
Der Uhrenmarkt hat sich einmal völlig auf den Kopf gestellt. Nichts war mehr, wie es einmal war.
Das Resultat war ein strukturierter Wandel auf dem internationalen Uhrenmarkt.
Denn nicht nur die Vorherrschaft der Schweizer Uhrenindustrie wurde aufgerüttelt, sondern auch die Gesamtauffassung von Armbanduhren.
Heute gelten Quarzuhren als günstiges Massenfabrikat. Diese nehmen allerdings auch den größten Marktanteil ein. Denn die massiven Umsätze werden auf dem Massenmarkt erzielt.
Doch das große Ansehen genießen nach wie vor die mechanischen Uhrwerke, da Manufaktur als erstrebenswertes Qualitätskriterium angesehen wird.
So wurden mechanische Uhren zum Luxussymbol für Liebhaber sowie für qualitätsbewusste Kunden, während Quarzuhren in diesen Kreisen einen schlechten Ruf als billiges Massenprodukt haben.
Im Grunde genommen decken Quarzwerke die ökonomische Seite ab und mechanische Werke, die Künstlerische mit Charme und Geschichte sowie Kultur.
Hätte die Quarzkrise verhindert werden können?
Bei einem so verheerenden Ereignis wie der Quarzkrise stellt sich natürlich auch immer die Frage, ob und wie so etwas verhindert werden hätte können.
Und die Antwort lautet ganz klar: Natürlich wäre dies möglich gewesen.
Doch so gut wie alles in der Geschichte hätte einen anderen Lauf nehmen können.
Man darf niemals vergessen, dass wir im Konjunktiv sprechen und die Dinge so gekommen sind, wie sie nun einmal gekommen sind, und das ist in den meisten Fällen auch gut so ist.
Denn ohne die Quarzkrise wäre die Uhrenindustrie heute nicht dort, wo sie jetzt ist. Dennoch hätte die Quarzkrise in einem so verheerenden Ausmaß nicht zwangsläufig stattfinden müssen, wenn die Schweizer Uhrenmarken etwas aufmerksamer gewesen wären und die Gefahren und das Potential der Quarzwerke früher erkannt hätten.
Wie sagt man so schön? – Hochmut kommt vor dem Fall.
Doch Im Nachhinein ist man immer schlauer. Die Schweizer Uhrenfirmen hatten eben auch keine Zauberkugel, die ihnen einen Blick in die Zunft gewährt.
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Fazit – Quarzkrise, eine Tragödie mit Happy End?
Schließlich kann man sagen, dass mechanische Uhrmacherkunst durch die Quarzkrise ihren Tod sowie eine Wiedergeburt erlebt hat. Und diese Wiedergeburt war nicht unbedingt schlecht für die Uhrenindustrie.
Man weiß die Dinge immer erst wertzuschätzen, wenn sie einmal weg sind, und so war es schließlich auch mit mechanischen Uhrwerken.
Die Krise hat die Luxusuhrenwelt komplett aufgerüttelt und neu zusammengesetzt. Durch sie genießen mechanische Chronometer letztendlich eine noch größere Anerkennung.
Quelle Titelbild: pexels
Über den Autor
Alexander Weinberger
Für mich ist das Faszinierendste an Uhren das Zusammenspiel aus präzisem Handwerk und künstlerischer Entfaltung. Hunderte kleine Teile müssen bei einem Uhrwerk exakt so zusammengesetzt werden, dass sie ein großes Ganzes ergeben.